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„Wie langweilig!“, war mein erster Gedanke, als ich die Jahreslosung für 2025 zum ersten Mal entdeckte. Nicht gerade Stoff für ein nettes Spruchkärtchen mit Landschaftsmotiv drauf, bestenfalls eine Vertröstung, wenn ich nicht so recht weiß, wie etwas zu bewerten ist, vor allem, wenn es um biblische Themen geht. Da kann man ja alles offen lassen. Tolerant sein, leben und leben lassen, etwas Gutes wird schon dabei sein. „Iss das Hähnchen und spucke die Knochen aus“, meinte ein Prediger einmal. Ich will nicht zu denen gehören, die dem Goldenen Kalb der allgegenwärtigen sogenannten Toleranz gemeine Hiebe versetzt.

Inzwischen habe ich auf die harte Tour gelernt, Bibelverse in ihrem Kontext zu lesen, sie für mein Leben so zu verstehen, wie sie gemeint waren, und sie auch so zu vertreten – Image und Ruf hin oder her.

Die Ermahnung des Apostels Paulus „Prüfet alles und behaltet das Gute!“ wird an die Christen in der griechischen Stadt Thessalonich gerichtet, die in extremer Bedrängnis leben. Exotische Irrlehren sprießen aus dem Boden. Für die wahren Nachfolger Jesu weht der Wind immer eisiger. Mit großer Dringlichkeit listet Paulus einige Durchhalteparolen für Zeiten der Verfolgung auf (1Thes 5,21). „Prüfet alles und behaltet das Gute!“ ist einer dieser Befehle, ein Ruf zur Wachsamkeit in verworrenen Zeiten. Was bedeuten diese Worte des Apostels für uns heute?

Eines ist klar: Paulus’ Ermahnung ist keine höfliche Empfehlung, von klaren geistlichen Bewertungen abzusehen, weil ja in allem etwas Gutes herauszuholen sei, wie ich sie früher verstanden habe. Sondern sie ist eine Aufforderung an die ersten Christen, sich an den klaren Eckpfeilern der ersten Apostel zu orientieren und ja nicht davon zu lassen. Die Aktualität dieser Worte für die Tage, in denen wir leben, springen schneller denn je aus den Seiten dieser Briefe ins Auge moderner Leser. Es geht Paulus nicht darum, dass seine Freunde irgendwie gerade noch überleben, mit letzter Mühe den Kopf über Wasser halten, sondern dass sie überwinden. Dass sie drohenden Gefahren und sogar dem Tod erhobenen Hauptes ins Gesicht sehen und dabei nicht zusammenbrechen.

Wie ein roter Faden läuft das Thema durch die Schriften der ersten Apostel: „Hütet euch vor Irrlehren!“ Die Hauptgefahr, die diese ersten Gemeindegründer erkannten – die meisten von ihnen Zeugen des Todes und der Auferstehung Jesu –, war nicht Mitarbeitermangel oder ungeeignete Versammlungsräume oder fehlendes Geld für anstehende Projekte oder das Abdriften der Jugend aus der Gemeinde. Sondern die überall lauernde Gefahr, dass das Wort Gottes infrage gestellt wird und fremde Ideologien in die Gemeinden einsickern. Paulus lüftet diese Sorge in seinen Abschiedsworten an die Ältesten in Ephesus:

„Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher eingesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines eigenen Sohnes. Ich weiß, dass nach meinem Abschied grausame Wölfe zu euch hereinkommen werden, die die Herde nicht verschonen. Und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her. Darum wacht und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden unter Tränen zu ermahnen!“ (Apg 20,28-32)

Von den Christen in Thessalonich lesen wir: Paulus „unterredete sich … mit ihnen aus den Schriften“ (Apg 17,2). Die Schriften sind der Prüfstein, an dem alles bewertet werden soll. Schon Jesus beruft sich immer wieder auf das geschriebene Wort Gottes. Mit dem kurzen Satz „Es steht geschrieben“ (Mt 4,4) läutet er seine Gegenoffensive auf die Einladung des Feindes ein, einen bequemen geistlichen Weg zu suchen und das Kreuz zu umgehen. „Habt ihr nicht gelesen …?“ (Mt 12,3; 19,4), schießt er zurück, als die Pharisäer seine Worte infrage stellten. Nicht: „Habt ihr nicht erlebt?“, oder: „Habt ihr nicht erkannt?“, oder: „Habt ihr nicht gespürt?“ Himmel und Erde werden vergehen, aber seine Worte nicht, betont er an einer anderen Stelle (Mt 24,35) und bekräftigt diese Aussage immer wieder mit Nachdruck, zum Beispiel:

„Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. Wer nun eins dieser geringsten Gebote auflöst und so die Menschen lehrt, wird der Geringste heißen im Reich der Himmel; wer sie aber tut und lehrt, dieser wird groß heißen im Reich der Himmel.“ (Mt 5,18-19)

Paulus’ warnende Worte an Timotheus könnten genauso an uns gerichtet sein und sind bestimmt auch prophetisch für uns gedacht:

„Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich zu den Fabeln hinwenden.“ (2Tim 4,3-4)

Paulus macht klar: Die Bibel ist kein Bastelbuch mit Seiten, die nach Belieben ausgerissen werden können! Das ganze Neue Testament ist eine einzige, dringliche, fortlaufende Warnung, genau das nicht zu machen, was in vielen Gemeinden heute gang und gäbe ist: die Wahrheit des biblischen Vermächtnisses umzudeuten, sie dem Zeitgeist anzupassen. Zu wachen, zu beten, uns über das Wort Gottes wie über große Beute zu freuen (Ps 119,162) ist nicht einengend, es ist befreiend, belebend, gibt uns Orientierung und Richtung in einer verwirrenden Zeit. In diesem Sinne: Lasst uns das Wort Christi reichlich und fröhlich unter uns leben und gedeihen lassen und dieses Wort unsere Richtschnur für alles sein lassen, was wir denken und tun!

Nicola Vollkommer, verheiratet mit Helmut, vier erwachsene Kinder, zwölf Enkelkinder, Referentin und Schriftstellerin

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